Aufgabe 21
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Derweil tätigt Arek ein Telefonat. "Lex? Hier ist Dariusz...Es geht mir gut, aber ich muss trotzdem etwas mit dir besprechen. Es ist wichtig...Gut ich komm dann gegen Mittag bei dir ins Büro. Bis gleich."


Kurze Zeit später steht Darek in der Kanzlei von Lex. "Du hast dich am Telefon nicht gut angehört, Dariusz", bemerkt Lex, nachdem die beiden sich begrüßt haben. "Lass mich raten, es geht um Arkadiusz." Lex schnaubt verächtlich und ein Blick in Dareks Gesicht genügt ihm, um zu wissen, dass er mit seiner Vermutung richtig liegt. "Es ist immer Arkadiusz, wenn es dir schlecht geht."


Darek widerspricht ihm nicht. "Ich will die Scheidung, Lex. ich will, dass du alles dafür vorbereitest. Und diesmal ziehe ich das auch wirklich durch. Diesmal gibt es kein Zurück mehr." Lex kann sofort hören, dass es Darek ernst damit ist. "Darf ich fragen, warum du dich gerade jetzt dafür entscheidest?", fragt Lex vorsichtig nach. "Was hat er diesmal gemacht?"


"Nichts, was er nicht schon früher getan hätte." Darek setzt sich auf das Sofa und beginnt darüber nachzudenken, wie er Lex seine Beweggründe darstellen soll. Lex lässt ihm Zeit und setzt sich schweigend neben ihm. Schließlich beginnt Darek zu erzählen, wobei sein Blick einfach ins Leer geht, als ob er ganz weit weg wäre."Arek ist nicht mehr der Mann, in den ich mich verliebt habe...und er wird es nie wieder sein, das ist mir jetzt klar geworden. Er wird seien Job niemals aufgeben, nicht weil er ihn so sehr liebt, sondern weil er seinen Vater niemals enttäuschen würde. Und das heißt, dass er nicht aufhören wird zu trinken und das halte ich nicht mehr aus." Lex sieht Darek überrascht an. Ihm war mein etwas weniger gesetzmäßiger Job durchaus bekannt, aber er wusste nicht, dass ich mir öfter einen hinter die Binde kippe. Zumindest stellt Darek es gerade so dar. "Als er mich geschlagen hat...das hat mehr kaputt gemacht, als ich selbst es zuerst glauben wollte. Das war nicht mehr Arek, der mich geschlagen hat. Das waren der Alkohol und irgendein fremder Mann, der Areks Platz im Laufe der Jahre eingenommen hat. Arek hätte mich niemals geschlagen. Er weiß doch, wie ich im Gefängnis zugerichtet wurde, wie ich gezwungen wurde mit den Männern zu..." Dareks Stimme bricht plötzlich und er kann nicht mehr weiter sprechen und seine Augen werden feucht, bloß bei dem Gedanken an das Geschehene.


Lex rutscht zu ihm herüber und legt seinen Arm um Darek und der stützt seinen Kopf an Lex' Schulter ab. "Und genau davor hat Darek mich immer geschützt", spricht Darek schließlich langsam weiter. "Er hat dafür gesorgt, dass keiner dieser Männer mich jemals wieder anfasste. Und dafür hat er keine Gegenleistung von mir erwartet...und dabei hätte er sie verdient. Er musste wegen mir einiges einstecken." Kurz zeigt sich ein trauriges Lächeln auf Dareks Gesicht, doch es verschwindet augenblicklich wieder. "Und dann wollte er mich zwingen, mit Gewalt. Er ist zu einem dieser Kerle geworden, vor denen er mich mal beschützt hat. Und das ist ihm nicht bewusst. Und deshalb muss ich mich scheiden lassen. Anders geht es nicht."


Langsam steht Lex auf und geht zu seinem Schreibtisch. Darek folgt ihm. "Hier ist der Scheidungsantrag", sagt Lex, als er Darek ein Dokument reicht. "Es reicht deine Unterschrift, dann wird das Justizzentrum von SimCity die Gültigkeit des Antrags prüfen und einen Termin festlegen. Wenn Arkadiusz keine rechtlichen Schritte einlegt, seid ihr in einem Jahr geschieden." Darek liest das Dokument mehrmals gründlich durch, auch wenn er dessen Inhalt schon beim ersten Mal komplett erfasst hat. Schließlich greift er zu einem Kugelschreiber und unterschreibt mit Dariusz Brodlowski. Vielleicht das letzte Mal, dass er mit diesem Namen unterzeichnet.

 

 


Die ganze Angelegenheit hat Darek mehr zugesetzt, als er es selbst gerne zugeben möchte. Trotzdem muss er heute noch zu einem Termin in die Studios. In seiner Mittagspause geht er in ein der Sushi-Bars und bestellt sich eine Portion, die auch direkt vor seinen Augen frisch zubereitet wird.


Doch wirklich genießen kann er das Essen nicht, denn der Typ im blauen Hemd steht plötzlich im Restaurant und beobachtet ihn beim Essen. Darek geht das ziemlich auf die Nerven und er schlingt sein Sushi mehr runter, als dass er es wirklich essen würde. Er will nur schnell weg aus diesem Restaurant und weg von diesem sogenannten "Fan".


Also verschwindet er schnell zu einer erneuten Nachsynchronisation in das Tonstudio. Und es gelingt ihm tatsächlich diesen fanatischen Fan abzuhängen und wenigstens für einige Minuten seine Ruhe zu haben.


Als er das Tonstudio verlässt, gibt es noch immer keine Spur von diesem fanatischen Fan. Dafür bemerkt Darek bereits, dass er sich unwohl fühlt. Aber er denkt sich nichts dabei, sondern geht in die Karaoke-Bar um sich etwas abzulenken. Doch auf dem Weg dorthin, werden die Schmerzen in seiner Magengegend immer heftiger und entwickeln sich zu ernsthaften Krämpfen.

 

 


Nachdem er einige Minuten im der Karaoke-Bar gesessen hat, ebben die Schmerzen wieder ab. Ein Wagen des Studios fährt ihn zurück nach Hause. Ich schaue mir gerade eine Folge "Wirrungen der Begierde" an. Eine der ersten Folgen in denen Darek zu sehen ist. Und er ist gut. Er ist wirklich gut. Als er ins Wohnzimmer tritt, genügt ein Blick um zu sehen, dass es ihm jetzt nicht gut geht. Er wirkt blass und erschöpft und das liegt sicherlich nicht nur an der Arbeit.


Wieder einmal überrascht es mich selbst, wie besorgt ich reagiere. "Ist alles in Ordnung?", frage ich sorgenvoll und gehe dabei auf ihn zu. "Du siehst blass aus." Ich streichle dabei sanft seine Oberarme. Und ich muss zugeben, dass es sich toll anfüllt, seine Muskeln unter meinen Händen zu spüren. Ich habe Darek schon lange nicht mehr berührt.


Doch Darek weicht einen Schritt zurück. "Es geht mir gut", antwortet er mürrisch. "Ich glaube, mit meinem Sushi war etwas nicht in Ordnung. Mir ist einfach etwas unwohl. Nichts, was mit einem Pfefferminztee nicht kuriert werden könnte."


Ich weiß auch nicht warum, aber plötzlich überkommt mich ein Drang, mich bei Darek zu entschuldigen. "Es tut mir leid, was heute Morgen vorgefallen ist." Irgendwie macht mich die ganze Situation etwas verlegen. "Ich...ich weiß auch nicht, warum ich Kai-Uwe mitgebracht habe. Das war nicht fair dir gegenüber. Es...es tut mir aufrichtig leid." "Es braucht dir nichts leid zu tun", erwidert Darek. Das habe ich eigentlich nicht erwartet, aber es ist keine schlechte Wendung. Ich gehe erneut einen Schritt auf Darek zu, doch er weicht wieder zurück. Verdutzt schaue ich ihn an.


"Es braucht dir nichts leid zu tun, weil es mir völlig egal ist. Verstehst du, Arek. Es ist mir egal ob du mit anderen schläfst und es ist mir egal, ob du dich betrinkst. Arek, du kannst mir mit nichts mehr was du tust wehtun. Ich habe heute die Scheidung eingereicht. In einem Jahr bist du ein freier Mann." Seine Worte lassen mich erstarren und ich schaue ihm mit geöffneten Lippen an, unfähig etwas zu erwidern. Darek verlässt mich. Er verlässt mich tatsächlich.


Für ihn wäre damit alles gesagt. Er dreht sich um und verlässt das Haus. Ich nehme an, er will in ein Hotel, aber sicher bin ich mir nicht. Wie immer, wenn ich in eine beschissene Situation gerate, greife ich zur Flasche. Wodka pur ist jetzt das einzige, was mir helfen kann. Scheiße, er verlässt mich!


Ein Schluck folgt auf den nächsten und innerhalb weniger Minuten ist der halbe Inhalt der Wodkaflasche in meinem Rachen verschwunden. Und endlich bin ich in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Wenn Darek die Scheidung will, dann soll er sie haben. Aber er soll nicht mir die Schuld daran geben, dass unsere Ehe gescheitert ist. Er war immer derjenige, der etwas auszusetzen hatte, an mir, an meiner Art zu leben und zu denken. Er ist schuld, verdammt!


Nein, Oxana ist schuld. Dieses verfluchte Miststück! Wütend zerschmettere ich die nun leere Flasche auf dem Boden. Sie hat immer gegen mich gewettert und damit hat sie dafür gesorgt, dass Darek mich verlässt. Ich hätte mich damals nicht auf Dareks Idee mit den Kindern einlassen sollen, dann wäre immer noch alles in Ordnung.


Danach durchstöbere ich die Bar nach einer weiteren Flasche Schnaps. Doch natürlich ist immer dann nichts da, wenn man es am dringendsten braucht. Aber das ist auch kein Problem. Ein Anruf und ein Taxi steht vor meiner Tür, um mich in die nächste Bar zu fahren.

 

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kor. 06.02.2011