Aufgabe 17
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"Lust ein wenig zu tanzen, Mr. Brodlowski?", frage ich Darek, nachdem alles erzählt ist. "Aber immer doch, Mr. Brodlowski", gibt Darek keck zurück und wir beide machen uns auf den Weg zur Tanzfläche.


Wir sind schon lange nicht mehr zusammen ausgegangen. In letzter Zeit waren wir dazu einfach nicht in der richtigen Stimmung. Erst die finanzielle Misslage und dann mein kleines Abenteuer mit Gregor. Doch jetzt ist wieder alles in Ordnung. Ich habe es vermisst einfach nur Spaß mit Darek zu haben.


Und auch an diesem Abend lande ich wieder im Tanzkäfig. Aber diesmal habe ich deutlich weniger Promille im Blut. Deshalb macht es aber nicht weniger Spaß, noch dazu, wo ich tatkräftig von Darek unterstützt werde. "Los, Arek, zeig uns deine Hüften!", feuert er mich an. "Das da ist mein Mann", ruft er den Leuten in der Umgebung stolz zu und zeigt auf mich. Und auch, wenn er von diesen verwirrt und mitleidig zugleich angeguckt wird, heute macht ihm das nichts aus.


Aber zu einem solchen Anlass gehören auch ein paar ordentliche Drinks. Und wenn wir nicht gerade auf der Tanzfläche sind, dann entspannen wir bei einem Whisky oder einem erfrischendem Bier.


Und irgendwann spät in der Nacht kommen wir in unserem Schlafzimmer an. Es ist zwar spät, aber noch nicht zu spät um etwas Spaß im Bett zu haben. Diesen Abend sollten wir voll und ganz auskosten. Ich küsse Darek und beginne sein Hemd so schnell wie möglich zu öffnen, um dann gleich bei seiner Hose weiterzumachen.


"Nein, Arek, hör auf." An Aufhören ist jetzt gar nicht zu denken. Und davon werde ich Darek auch noch überzeugen und küsse ihn wild weiter. Und auch wenn er meinen Kuss erwidert, schiebt er mich doch von sich weg. "Nein, Arek. Du hast zu viel getrunken heute. Ich will nicht mit dir schlafen, wenn du getrunken hast. Das macht mir keinen Spaß." Ich versuche noch einen Anlauf, doch Darek bleibt hart. "Ich habe nein gesagt."


Und dann verschwindet er im Badezimmer und ich schmeiß meine Kleider in die Ecke und leg mich ins Bett. Darek weiß gar nicht, was er sich da entgehen lässt. Aber ich bin heute viel zu glücklich um sauer auf Darek zu sein.


Und am Morgen ist auch wieder alles in Ordnung. Darek weckt mich sanft auf. "Aufstehen, Arek, ab heute musst du wieder regelmäßig zur Arbeit." Und auch wenn ein klein wenig Schadenfreude in seiner Stimme mitklingt, hört man ihm die Erleichterung an. "Ich liebe dich, Darek", flüstere ich ihm zu. "Ich liebe dich auch."


Den Morgen so zu beginnen ist wirklich schon. Und wenn man nach drei Jahren endlich wieder einen Job hat, der sicher zu sein scheint, dann machte es einem auch nichts aus, jeden Morgen aufzustehen und zur Arbeit zu gehen.

 

 


Eines Tages kommt Cornelia zu Besuch, wie sie es öfter tut. Allerdings ist sie heute nicht der einzige Gast in unserem Haus. Die Mädchen haben eine Freundin aus der Schule mitgebracht.


Darek spaziert ein wenig mit Cornelia durch den Garten, als sie dieses Mädchen sieht. Zunähst beachtet sie sie nicht weiter, doch dann mustert sie das Mädchen etwas genauer. "Wer ist das?", fragt sie Darek und zeigt zu ihr hin. "Die da?", fragt Darek, "Das ist Kassandra, Kassandra Fangspinne oder so ähnlich. Sie ist gelegentlich bei uns." "Kassandra von Spinnweb!", berichtigt Cornelia ihn mit leiser Stimme. "Ja, genau, Kassandra von Spinnweb. Kennst du sie etwa?"


Cornelia wird bleich und läuft ins Haus. Darek folgt ihr besorgt. "Cornelia, was ist denn los? Du siehst nicht gut aus." "Es ist, es ist das Mädchen, Darek", beginnt Cornelia schwere atmend zu erzählen. "Sie…sie ist meine Enkelin. Aber wir haben keinen Kontakt zueinander. Sie weiß nicht einmal, dass ich ihre Großmutter bin und ich habe sie auch schon seit Jahren nicht mehr gesehen."


Cornelia dreht sich beschämt weg, als sie fortfährt. "In unserer Familie ist viel durcheinander geraten. Es hat alles mit der Hochzeit meiner Tochter Julia angefangen. Winfried war nicht unser Wunschpartner für sie. Seine Familie war zwar sehr angesehen, aber er selbst hatte einen üblen Ruf. Er behandelte Frauen wie Spielzeug, das er nach Belieben auswechseln konnte. Und davor wollten wir Julia bewahren. Mein Mann, Roger, verbot ihr den Kontakt zu Winfried und drohte sie zu enterben, wenn sie sich wiedersetzte. Ich war auch der Meinung, dass dies der beste Weg sei. Julia sah das aber ganz anders." Cornelia seufzt schwer. "Sie heiratete Winfried kurz danach. Roger machte seine Drohung war und strich Julia aus dem Testament. Für ihn war sie gestorben. Eine Tochter, die sich ihm dermaßen wiedersetzt, war für ihn keine Tochter mehr. Und ich hielt weiterhin zu ihm und das hat Julia mir nie verziehen. Sie brach jeglichen Kontakt zu mir ab und erlaubte mir auch nicht Kassandra zu sehen. Ich habe schon mehrmals versucht, sie um Verzeihung zu bitten, doch Julia bleibt hart. Und Winfried unterstützt sie darin. Ich denke, er ist verärgert, dass sie, und damit auch er, nichts von uns erben wird." Darek hört ihr aufmerksam zu. Jetzt versteht er, warum Cornelia nie über ihre Familie spricht.


Cornelia beginnt leise zu weinen und Darek versucht sie wieder zu beruhigen. "Cornelia, du hast möglicherweise deine Tochter verloren. Aber jetzt hast du die Chance deine Enkelin kennenzulernen. Sie ist alt genug, um selbst zu entscheiden, ob sie Kontakt zu dir will oder nicht. Und wenn ihr euch hier bei uns trefft, dann werden ihre Eltern auch nichts davon erfahren."


Darek ruft die Mädchen herbei und Kassandra folgt ihnen ins Esszimmer. Cornelia fasst all ihren Mut zusammen und stellt sich Kassandra vor. "Kassandra, ich bin deine Großmutter. Deine Mutter ist meine Tochter." Kassandra sieht sie überrascht an, als ob sie nicht glauben könne, was sie hört. "Sie sind meine Großmutter?"


Wir lassen die beiden alleine, damit sie sich etwas näher kennenlernen. Doch viel zu sagen haben sich die beiden nicht. Sie essen stumm vor sich hin. Cornelia möchte ihre Enkelin zwar immer wieder etwas fragen, doch sie zieht ihre Frage zurück, bevor sie sie überhaupt gestellt hat. Und für Kassandra sitzt da einfach eine fremde, alte Frau vor ihr. Was sollen sie miteinander bereden?


Und dann klingelt es an der Tür. Es ist Kassandras Vater Winfried. Als Cornelia ihn durch das Esszimmerfenster sieht, wird sie ganz blass. "Er darf mich nicht hier sehen", flüstert sie leise vor sich hin, "sonst darf Kassandra nicht mehr hier hin und dann sehe ich sie nie wieder."


Genau dasselbe hat Darek sich auch gedacht. Und deshalb begrüßt er Winfried schnell und führt ihn weg vom Fenster. "Guten Abend, Herr Brodlowski. Ich möchte Kassandra abholen. Wir wollen beide noch in den Country Club. Es wird Zeit, dass meine Tochter sich in die Gesellschaft einfügt. Sie ist immerhin schon 15. Es ist nicht verkehrt, sie jetzt schon einigen angesehenen Familien, die Söhne in ihrem Alter haben, vorzustellen."


Kassandra hat zwar nicht wirklich Lust in den Country Club zu gehen, aber eine wirkliche Wahl hat sie nicht. Und sie will auf keinen Fall ihren Vater verärgern. Sie verspricht Cornelia, ihren Eltern nichts von ihrem Treffen zu erzählen und fährt dann mit Winfried weg.

 

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kor. 21.01.2011